Auch wenn einige in Zeiten von Corona von Entschleunigung sprechen, ist es dies für andere gar nicht. Meditation kann daher ein wunderbares Instrument sein, das dich nicht nur in Corona-Zeiten in der Tat in Richtung eines gelasseneren und zufriedeneren Lebens führt. In meinem Bericht über die Eindrücke und Erfahrungen meiner 10-tägigen Vipassana-Meditation vom 5. bis 15. März 2014 im Dhamma Setu 25km außerhalb von Chennai (Indien) möchte ich dich an einigen spannenden und interessanten Aspekten teilhaben lassen.

Vipassana ist eine der ältesten Meditationsformen Indiens und bedeutet, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Sie wurde in Indien vor über 2500 Jahren als ein universelles Heilmittel für universelles Leiden und damit als eine Kunst des Lebens gelehrt.

Exkurs

Vipassana bezeichnet im Buddhismus die „Einsicht“ in die drei Daseinsmerkmale Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit und Nicht-Selbst-Sein. Der Übungsweg zur Entfaltung dieser Einsicht wird „Vipassana-Meditation“ genannt. Die 10-Tage-Kurse sind grundsätzlich Einführungskurse in die Vipassana-Meditation, in denen die Technik von Tag zu Tag Schritt für Schritt gelehrt wird.

Die Philosophie hinter der Technik ist grundsätzlich weder an eine bestimmte Religion noch an eine besondere Weltanschauung gebunden, sondern hat das Ziel, geistige Unklarheiten zu beseitigen, um letzten Endes den Geist von Leid zu befreien. Der Schwerpunkt liegt auf einer engen Wechselbeziehung zwischen Körper und Geist, wobei durch Selbstbeobachtung ein Weg zur Veränderung gefunden werden kann. Hierbei wird ein spezieller Fokus auf körperliche Empfindungen gerichtet und gleichzeitig der Geist auf Achtsamkeit geschult.

Grundsätzlich beschränken sich die Aktivitäten während der 10 Tage auf deren vier Stück:

  • Meditieren
  • Schlafen
  • Achtsames Spazieren
  • Einfaches vegetarisches Essen (Frühstück, Mittag, Teepause, speziell kein Abendessen)

Dazu ist jederzeit die ‚Edle Stille‘ (Noble Silence) einzuhalten, sprich Stille von Körper, Sprache und Geist. Jede Art von Kommunikation mit Mitmeditierenden, einschließlich Gesten, Zeichen und Notizen sind zu unterlassen. Verständlicherweise sind dazu ebenso im Vorfeld ggf. Bücher, Schreibmaterialien, Musikinstrumente, elektronische Geräte usw. abzugeben und auch keine körperlichen Betätigungen wie z.B. Yoga oder Laufen erlaubt.

Der Zeitplan für den Kurs soll den Kursteilnehmern ermöglichen, die Kontinuität der Praxis während der 10 Tage aufrecht zu erhalten.

  • 04:00 Gong – Aufstehen
  • 04:30-06:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
  • 06:30-08:00 Frühstückspause
  • 08:00-09:00 Gruppenmeditation in der Halle
  • 09:00-11:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen des Lehrers
  • 11:00-12:00 Mittagessen
  • 12:00-13:00 Ruhepause und Gelegenheit zum Interview mit dem Lehrer
  • 13:00-14:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
  • 14:30-15:30 Gruppenmeditation in der Halle
  • 15:30-17:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen des Lehrers
  • 17:00-18:00 Teepause
  • 18:00-19:00 Gruppenmeditation in der Halle
  • 19:00-20:15 Vortrag des Lehrers in der Halle
  • 20:15-21:00 Gruppenmeditation in der Halle
  • 21:00-21:30 Zeit für Fragen in der Halle
  • 21:30 Nachtruhe – Licht aus

Zu den bekannten modernen Anwendungen der Vipassana-Meditation gehört vor allem die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction – MBSR) des amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn. Ziel des Programmes ist die Schulung der Achtsamkeit zur Förderung des Stressabbaus und zum Unterstützen der Behandlung von psychosomatischen Leiden.

Ende Exkurs

Am Mittwoch Nachmittag, den 5. März betrete ich nun das Dhamma Setu, ca. 25km außerhalb von Chennai, Indien. Reger Betrieb durch das Eintrudeln der Schüler jeden Alters und jeglicher Nationalität und Aufnehmen der Anmeldungen durch die Dhamma Worker, sprich die Ehrenamtlichen, welche den Kurs begleiten und den Lehrer unterstützen. Nach Ausfüllen zweier Formulare wird mir das Zimmer 14 zugewiesen, welches ich mir mit einem gewissen Anton teilen werde.

Das Zimmer ist ganz einfach, etwas runtergekommen und eingerostet sowie kleines Bad mit Eimerdusche. Den erhaltenen Bezug fürs Kissen und das dünne Leinentuch werfe ich aufs Bett und ziehe das in die Jahre gekommene Moskitonetz zurecht. Kurz darauf steht auch schon Anton in der Tür. Ein Ukrainer, welcher zusammen mit seiner Partnerin hier ins Zentrum gekommen ist. Dass er so gut wie kein Englisch spricht, sondern irgendwie wohl nur Russisch, wird uns das Nicht-Miteinander-Sprechen während der 10 Tage wohl sehr erleichtern.

Um 17 Uhr soll es offiziell losgehen. Davor gibt es in der Dining Hall ein vegetarisches Thali zu essen. Draußen in der grün angelegten Anlage lerne ich noch Erik, Maisa und Anna kennen. Erik aus New York hat bereits eine Vipassana-Meditation hinter sich. Maisa, eine Finnin, ist ebenso wie ich 6 Monate auf ihrer Reise unterwegs und hat bereits die Hälfte der Zeit hinter sich, sie will noch 3 Monate nach Bali. Anna aus Ungarn reist ebenso, jedoch ohne festes Rückreisedatum. Sie will ebenso wie ich nach der Meditation auf die Andamanen, jedoch mit dem Schiff, was bis zu 4 Tage dauert.

Um 17 Uhr ertönt das erste Mal der Gong. Wir versammeln uns alle in der kleinen Dhamma Hall, in der wir eine erste Einführung erhalten. Die Regeln werden verkündet. Kurz darauf der Beginn der „Noble Silence“, die edle Stille, sprich das Schweigen. Als wir die Dhamma Hall verlassen, reden drei russische Frauen miteinander. Typisch 😉 Ab 18.30 Uhr folgt die offizielle Einteilung der Sitzplätze in der Dhamma Hall, links die Männer, rechts die Frauen. Mit mir stehen am linken Eingang zur Dhamma Hall all die anderen Männer bereit, um aufgerufen zu werden und das Gebäude betreten zu dürfen. Darunter auch ein glatzköpfiger Mann mit Brille, welcher m.E. ebenso ein Deutscher sein könnte.

Zuerst werden jene aufgerufen, welche sich bereits mindestens einmal einer 10-tägigen Vipassana-Meditation unterzogen haben. Und als Vierter ist auch schon Norbert aus Deutschland dran. Anton und ich werden als Nummer 47 und 48 aufgerufen. Ich habe den Platz nahe der linken Wand. Jeder hat ein ungefähr 80×80 cm Kissen zur Verfügung, darauf ein ganz kleines Kissen und ein Tuch zum Abdecken. Am Ende befinden sich knapp 70 Männer und 50 Frauen in der Dhamma Hall. Von den Männern sind knapp die Hälfte Inder, von den Frauen nicht so viele. Ganz vorne der männliche und der weibliche Lehrer mit Blick zu den Schülern.

Die erste Meditationsstunde beginnt. Das Licht wird ausgeschaltet und nach ein paar Minuten eine Stimme aus dem Off, natürlich auf Englisch, danach immer auf Tamil. Die Sprache, welche vor allem im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu und in Sri Lanka als Muttersprache gesprochen wird.

„Start with a common quiet mind. Alert an attentive mind…..“

Kurz danach wieder eine Stimme aus dem Off, die nun brummt, singt und summt. Hört sich erstmal an, wie wenn der gestern gesoffen hätte. Nach ein paar Minuten herrscht Ruhe und Stille kehrt ein. Konzentration auf den Atem ist das Ziel, wie die Luft durch die Nase rein und wieder rausfließt. Jedoch schwierig sich auf dies zu konzentrieren, wenn man in kurzer Zeit mit so viel „Neuem“ konfrontiert ist. Mir geht der heutige Tag durch den Kopf, u.a. das Gewusel und die Lautstärke der Stadt Chennai und von dort der aufregende Weg hierher. Nach nochmaligem Abschlussbrummen ist es auch schon 21 Uhr. Bevor es ins Bett geht noch ein kleiner Spaziergang auf dem Schotterweg und Wasser holen.

Tag1

Um 4 Uhr ertönt der Gong. Anton springt gleich unter die Dusche. Das Wasser ist kalt, was ich lautstark von ihm höre. Ich konnte mich gestern bereits davon überzeugen. Tat jedoch gut, da die Temperaturen angenehm warm sind, eher zu warm. Erneut ist der Gong zu hören. Kurz darauf laufen die Dhamma Worker mit kleinen Glocken an den Zimmern vorbei, um die Schüler für die Meditation ab 4.30 Uhr einzustimmen. Die ersten zwei Stunden Meditation des Tages, wir beginnen alle im Schneider- oder auch Lotussitz auf unserem Kissen… Wieder die Stimme aus dem Off… danach das Summen, wobei sich letzteres heute bereits irgendwie angenehmer anhört.

Konzentration auf den Atem und beobachten, einfach nur beobachten. Egal ob die Luft mehr durch das linke Nasenloch strömt oder das rechte oder eben durch beide gleich. Es gelingt für wenige Augenblicke, bevor die Gedanken nach einiger Zeit wieder abdriften. Auch die Geräuschkulisse lenkt noch hie und da ab. Jemand bewegt sich lautstark, schnäuzt sich oder niest. Was geht mir eigentlich durch den Kopf? Meine bisherige Reise, auch mein Leben im Allgemeinen, schwer wieder zur Konzentration auf den Atem zurückzufinden. Schneller als gedacht vergehen die zwei Stunden und natürlich habe auch ich meine Position einige Male ändern müssen. Vom Schneidersitz zu aufgestellten und angewinkelten Beinen bis zum Fersensitz.

Gongschlag Punkt 6.30 Uhr,das Frühstück ist angerichtet. Wie gestern gibt es eine Pampe aus Kartoffel, dazu weiße Soße, sonst kriegst das gar nicht runter. Und noch einen Chai Tee. Keiner spricht. Man hört nur das Rücken der Stühle, das Rühren mit dem Löffel und das Auskratzen des Tabletts mit selbigem. Nach dem Essen wird das Geschirr am großen langgezogenen Waschbecken von jedem selbst abgespült und in die Abtropfvorrichtung gestellt. Natürlich ist man in der Dining Hall barfuß unterwegs, genau wie in der Dhamma Hall.

Ich spaziere nun auf unserem kurzen Pfad ein paar Mal hin und her, danach nochmal hinlegen. Kurz vor 8 Uhr erneut das Klingeln der Dhamma Worker mit ihren Glocken. Von 8 bis 9 Uhr Gruppenmeditation, einige schniefen, ja rotzen etwas herum. Am Anfang die Stimme aus dem Off. Am Ende wieder kurz Gebrumme. Der Gong ertönt und es gibt eine kurze Pause, die zum Trinken und zum Spazieren genutzt werden kann. Ein Mann fällt besonders durch seinen knielangen Umhang mit Kapuze auf. Er hat einen Pseudobart und lange leicht ungepflegte Haare. Der ist mir etwas suspekt. Ein Psychopath?! schießt es mir in den Kopf.

Nach dieser kurzen Pause geht es weiter mit der Meditation bis 11 Uhr. Der Rücken macht sich bisweilen schon etwas bemerkbar, auch die Oberschenkel. Aber durch den Positionswechsel bleibt es erträglich. Auf den Atem konzentrieren, nur beobachten, nicht reagieren und bewerten. Sollten Gedanken aufflackern, kurz etwas stärker atmen, um dann wieder zum automatischen Atmen zurückzufinden.

In der ersten Reihe ein Mann, der sich wirklich gar nicht bewegt. Er macht einen total fokussierten Eindruck, schon wie er dahinschreitet, irgendwie unnahbar. Gongschlag, es ist 11 Uhr. Mittagszeit in der Dining Hall. Es gibt Thali, was echt lecker ist. Wieder die gewohnte Geräuschkulisse von Stühle rücken und Löffel klimpern. Danach Abwasch und spazieren gehen. Ist ja auch traumhaft bei dem Wetter, auch wenn zum Spazieren nur ein eingeschränkter Bereich auf Wiese und Schotter vorhanden ist. Wenige gehen barfuß, ebenso ich. Fußreflexzonenmassage, ach herrlich. Von da an habe ich meine Flip Flops nur noch im Zimmer an den Füßen, alles andere barfuß. Großartig.

Nachdem ich mich bis kurz vor 13 Uhr wieder hingelegt habe, erneut Gong und Glöckchen. Die nächsten Meditationsrunden stehen an. Stimme aus dem Off und meditativer Gesang für etwa 15 Minuten. Kurze Pause, trinken, spazieren, möglichst keinen Blickkontakt. Weiter mit dem Versuch den Atem und Empfindungen zu beobachten. In dieser Nachmittagssession habe ich auch mit drei anderen Schülern eine Audienz beim Lehrer. Jeder wird mehr oder weniger dasselbe gefragt. Konversation natürlich alles auf Englisch oder schmunzelnderweise ungefähr so:

Lehrer: Und, durch wos fia a Nosenloch pfidschtst durch. Links, rechts,…Ich: Mei, eher durch des linke.L: Ja, basst. Oba wurscht… Duas nua beobachtn, ned reagiern draf, host me.I: Frale. Oba wos wenn i me ned gscheid konzentrian kann.L: Dann schnaufst kurz amoi a bissl stärker durch.I: Aso, ja, probier i glei.

Nach dem kurzen Intermezzo geht’s zurück an den Platz. 17 Uhr der nächste Gongschlag für die Teepause. Alle wieder zur Dining Hall: Chai Tee und ganz kleine Pops, nicht ganz so gehaltvoll, aber in den Tee getunkt super. Bei etwas Glück verstecken sich ein paar Erdnüsse darin. Neue Schüler erhalten sogar ein Stück Wassermelone. Um 18 Uhr steht auch schon die nächste Gruppenmeditation an. Erneut die Stimme aus dem Off, die uns bittet, sich auf den Atem zu konzentrieren, ein ausgeglichenes ruhiges Bewusstsein aufrechtzuerhalten und nur die Empfindungen zu beobachten, die um die Nase auftauchen.

Nach der Gruppenmeditation ganz kurze Pause, danach steht der Discours auf dem Programm. Per Beamer wird ein Vortrag des Herrn Goenka gezeigt, der die Vipassana-Meditation in Indien neu etabliert hat und der uns nun einiges dazu erzählt. Er startet mit „The first day is over. You have 9 days left to work.“ Den erst sehr ernsten Eindruck lässt er durch einige lustige Geschichten vergessen. Charisma und Sympathie hat der Kerl. Er spricht über Vipassana, die Dinge so zu sehen wie sie wirklich sind, vom Beobachten des Atems und Besänftigen des Verstandes. Nach Ende des Vortrags eine weitere kurze Pause mit anschließender Meditation bis 21 Uhr. Der Gong erklingt und der erste Tag ist tatsächlich vorbei.

Das Schwerste für mich war bisher nicht das Schweigen, auch noch nicht das Sitzen oder die Zeit. Klar, konzentrieren und fokussieren braucht Übung, aber das Härteste ist heute, nicht schreiben zu dürfen. Dafür Spaziergang und früher Schlaf ab 21.30 Uhr bei eingeschaltetem Ventilator und unter dem Moskitonetz. Ja, die Moskitos sind v.a. draußen etwas nervig.

Fazit des ersten Tages: Barfuß – eine Wohltat für deine Füße.

Tag 2

Gleiches Spielchen wie schon tags zuvor. Der Gong, die Glöckchen, aufstehen und ab in die Dhamma Hall. Heute ist es anfangs echt hart zu sitzen, auch die Gedanken schwirren herum. Wer wird wohl als Erster schreien: „Ich bin ein Guru. Holt mich hier raus.“

Immer wieder versuche ich mich auf den Atem zu konzentrieren und nichts zu erzwingen. Trotzdem drifte ich immer wieder ab, Gedanken an mein vergangenes Leben ziehen vorbei. Bei Anton bemerke ich, dass er etwas größere Schwierigkeiten hat zu sitzen. Teilweise auch nervös mit den Fingern trommelnd. Das stört etwas.

Nach der Sitzung ein kleiner Spaziergang. Ich erkenne einen älteren Inder, der mehr dahinscharrt, als dass er geht. Auch brummelt er vor sich hin. Dann spuckt er auch noch rum. Zu guter Letzt hält er noch einen kleinen Plausch, wohl mit einem Kumpel. Ja haben die den Code of Conduct nicht gelesen und nicht zugehört. Schön langsam glaube ich sowieso, dass das nur so Richtlinien sind. Der Alte räuspert sich noch und spuckt nochmal rum. Ja so ein Bauer.

Ansonsten gleicht der Tag dem ersten. Mittags erneut das leckere Thali und Nachmittags die Pops und Obst. Um 19 Uhr wieder Vortrag von Goenka, der diesmal über „sila“ berichtet, die richtige Moral, was eines von drei Bausteinen ist. Zum Schluss ruft er wieder zu „real peace, real harmony, real happiness“ auf. Dann ein kurzes Gebrumme angestimmt, was die Schüler mit einem dreifachen „sadhu“ beenden. Nach der abschließenden Meditationsrunde ab ins Bett. Der zweite Tag ist vorbei. Nicht schreiben zu dürfen bleibt hart für mich.

Fazit des zweiten Tages: Regeln oder Richtlinien – jeder in seinem Tempo und mit seinen Fertigkeiten.

Tag 3

Der Gong reißt mich um 4 Uhr aus dem Schlaf. 20 Minuten später erneut der Gong und die Glockenjungs. In der Dhamma Hall sitzen wir und beobachten wie gehabt den Atem und die Empfindungen um die Nase. Mir kommen Gedanken an die Kindheit in den Sinn, ans erste Rad fahren ohne Stützen, ans erste Schwimmen ohne Flügel, an erste Schuljahre und eine Krankheit im Alter von 5 Jahren. Nach einer Arzt-Odyssee Verdacht auf Morbus Crohn. Keine Süßigkeiten, selbst gebackenes Vollkornbrot und eine Weile Cortison sind die Folge. Das Cortison schwemmt auf. Beim Einkaufen mit meiner Mutter werde ich sogar vom Verkäufer verkannt. Eine Darmspiegelung 13 Jahre später erhärtet den Verdacht auf Morbus Crohn jedoch nicht. Also war es eventuell damals doch etwas anderes?!

Ich versuche mich wieder auf den Atem zu konzentrieren. Um 6.30 Uhr erneut der Gong. Das Frühstück wartet, heute gibt es „idly“. Fünf aus Reismehl gegarte runde ca. 5cm große Plätzchen, die man in Soße tunkt und isst. Mehr was wie Masse zum abdichten, schmeckt aber trotzdem ganz gut mit entsprechendem Dip. Dazu natürlich Chai Tee. Die Inder schütten teilweise Unmengen von Zucker in den Tee, auch nicht gerade das Gesündeste. Abwasch und Spaziergang folgt. Ich lege mich nochmal hin und schlafe so richtig ein.

Um kurz vor 8 Uhr stört der Gong den Schlaf. Auf zur nächsten Gruppenmeditation, in der die Stimme aus dem Off bittet, die Nase und die Oberlippe zu beobachten bzw. eben die Empfindungen dort. Die Oberlippe prickelt ein wenig. Ich ändere meine Sitzposition und sehe auch schon 2 bis 3 Personen, welche eine Sitzhilfe erhalten haben. Sprich zwei Holzbretter, die zu einem L zusammengeschraubt sind, so dass man auf dem einen sein Kissen legen und sich an dem anderen anlehnen kann. Ja, Rücken tut schon weh, v.a. die Lendenwirbelsäule.

Um 9 Uhr kurze Pause und Spaziergang. Der Psychopath und der Bauer ebenso in gewohnter Manier dabei. In der nächsten Runde werden die Männer wieder in 4er Gruppen zur Audienz beim Lehrer gebeten, genauso wie die Frauen beim weiblichen Lehrer.

Lehrer: Und, wia schaut‘s aus. Wos gspiast um dei Nosn?Ich: Naja, Luft pfidscht no. Und an da Obalibm bitzl‘s a weng.L: Aha, guad. Oba wieda ned reagiern draf. Nua beobachtn.I: Ois klar. Versuach i, moch i.

Beim Mittagessen verzichten viele auf den Löffel, sprich Essen mit den Fingern, was meiner Meinung etwas schwierig ist, wenn man die Soße mit dem Reis mischt. Inder sind das wohl gewohnt. Einer sitzt links neben mir und es ist unüberhörbar, wie er isst. Ein Schlürfen und Schmatzen, dass es dir vergeht. Anständig gerülpst wird natürlich auch noch. Aufregen bringt nichts, ich schmunzle. Dann bin ich ebenso fertig. Bevor ich aufstehe, lasse ich auch mal vermelden, dass es mir geschmeckt hat. Keine Regung des Inders. Nach ausgiebigem Spaziergang folgt der Mittagsschlaf bis 13 Uhr.

Der Nachmittag vergeht mit den nächsten Meditationsrunden und der Teepause. Ab 19 Uhr ein neuer Vortrag von Herrn Goenka. Der zweite Baustein „samadhi“ wird angesprochen. Es bedeutet die Konzentration aufrecht zu erhalten und Herr seines Verstandes zu sein. Herr Goenka sagt, dass die ersten drei Tage nur Vorbereitung sind und der vierte Tag ein wichtiger ist, nämlich der Vipassana Tag. An diesem sollen wir den dritten Baustein „panna“ kennenlernen, die Weisheit bzw. Erkenntnis und Einsicht, was den Verstand reinigt. Einige Geschichten gibt er auch wieder zum Besten und schließt mit „real peace, real harmony, real happiness“ und dem üblichen Brummen, was durch das dreifache „sadhu“ der Schüler abgeschlossen wird.

Fazit des dritten Tages: Zucker – Übeltäter hinsichtlich Übergewicht, Diabetes und anderen chronischen Krankheiten.

Tag 4

Das Spielchen, wie der Tag beginnt, dürfte nun bekannt sein. Witzigerweise ist zwar die erste Meditationsrunde des Tages mit 2 Stunden am Stück die längste, aber für mich gefühlt bis hierher immer am schnellsten vorbei. Voller Konzentration und Gedanken ist die Zeit nicht mehr relevant. Die Sitzposition ändere ich nach wie vor, mal früher, mal später. Immer mehr Schüler haben aber jetzt eine Sitzhilfe, wobei es hier nur etwa 15 Stück gibt. Natürlich sind die schnell vergriffen. Manch einer steht auch immer mal wieder auf und geht kurz raus. Zudem haben ca. 8 Schüler ganz hinten auf Stühlen Platz genommen, um dort weiter zu meditieren.

Unruhe in der Dhamma Hall ist vernehmbar. Die Schüler bewegen sich, stehen auf, rotzen und schniefen teilweise. Nur der Unnahbare und ein paar andere scheinen sich keinen Millimeter zu rühren. Schon Wahnsinn. Die Nachmittagsmeditation zieht sich etwas. Abends werden wir von der Stimme aus dem Off angewiesen, nicht nur um die Nase Empfindungen wahrzunehmen und zu beobachten, sondern in jedem Teil unseres Körpers von Kopf bis Fuß. Nach dem Vorgeplänkel der vergangenen Tage geht’s also in Richtung der „echten“ Vipassana-Meditation, eben am Vipassana Tag.

In der Pause stelle ich fest, dass ich den Psychopath gar nicht mehr sehe. Ist er etwa abgehauen? Die Stimme aus dem Off lässt mich den Gedanken gleich wieder vergessen: „Start with a common quiet mind. Alert an attentive mind. Observe every sensation from head to feet and from feet to head…“ Egal ob es zieht, ob man Druck verspürt oder Schmerzen, es juckt, heiß oder kalt wird, einfach nur beobachten und nicht darauf reagieren. Auch beobachten, wo gar nix passiert. Kurz innehalten und abwarten, ob eine Veränderung stattfindet. Gar nicht mal so leicht, auch weil ich immer mit den Gedanken abdrifte.

Heute bin ich in der Zeit meines Studiums und in der Zeit meiner besten und schönsten Tennisjahre. Meinen Heimatverein habe ich während meiner Jugend und auch danach nicht gewechselt, auch wenn es für eine sportliche Weiterentwicklung nötig gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht alles. Dagegen zählt Wohlbefinden und Zufriedenheit viel mehr. Als Funktionär schaffte ich es 2001 sogar eine spielstarke erste Mannschaft zu formen, so dass in den Folgejahren sowohl sportliche wie gesellschaftliche Erfolge im Verein gefeiert werden konnten. Eine großartige Zeit.

Gongschlag um 17 Uhr: Teepause. Danach ein Spaziergang, jetzt in Richtung der untergehenden Sonne. Am Ende des Pfades eine kleine Erhöhung, vier Ziegelsteine aufeinander und darauf eine Platte gelegt, optimaler Platz zum Sitzen. Ich genieße die Ruhe und die wunderbare Atmosphäre. Hie und da mal ein Geräusch oder ein Zwitschern. Die Zeit scheint kurzzeitig still zu stehen.

Nach der Gruppenmeditation spricht erneut Herr Goenka mittels Videodatei und Beamer mit uns. Erste Worte: „The 4th day is over. You have only six days left to work.“ Er erzählt über „panna“, also die rechte Einsicht, den achtfachen Pfad im Buddhismus und das Beobachten der einzelnen Körperempfindungen. Eine Geschichte darf natürlich auch nicht fehlen. Er fragte einmal einen Mann im Kurs, was er den verspüre. Der entgegnete ihm nicht viel, jedoch sagte er, dass der Kopf- und Rückenschmerzen ihn plagen. Da sieht ihn Goenka verdutzt an und sagt: „Gerade sagtest du noch, dass du nix verspürst. Was erwartest du?“ Jeder erwartet oftmals etwas Außergewöhnliches und Besonderes. Es sind jedoch die einfachen Dinge, welche zumeist wichtig sind, wir jedoch allzu oft nicht sehen oder spüren.

Wir sollten vielmehr mit allen Sinnen wahrnehmen. Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen und Verstehen. Das Zusammenspiel ist wichtig. Ein Blinder kann weiß nicht sehen. Und wenn ich ihm sage, der Schwan ist weiß und er diesen fühlt und entgegnet: „Ah, das ist weiß. Federweich.“, dann stimmt das auch nicht ganz. Am Ende wie gehabt „peace, harmony and happiness“, ebenso Gebrumme.

Fazit des vierten Tages: Erfolg – für jeden etwas anderes.

Tag 5

Heute Nacht habe ich nicht so gut geschlafen. War etwa Vollmond? Jeden Tag hängt am Schwarzen Brett ein Blatt, auf dem steht, was man besonders beachten soll. Heute geht es darum, die Position nicht zu ändern. Na bravo. Jedoch: Wenn doch zu ändern, dann versuchen immer weniger Änderungen der Sitzposition zu machen. Man soll nicht ewig leiden, dafür ist’s nicht gedacht und wäre Quatsch. Puh, Glück gehabt.

Und tatsächlich gelingt es mir, länger in einer Position zu verharren. Rücken und Kopf aufrecht und in einer Linie, das ist v.a. mit der Dauer der Tage sehr sinnvoll. Und genau das habe ich jederzeit meinen Fitnesskunden gepredigt. Aufrecht, gerader Rücken, Kopf in einer Linie – ausgerichtete, stabile Wirbelsäule. Am späten Vormittag erneut Audienz beim Lehrer.

Lehrer: Und, gehd wos ab in dia?Ich: Mei, da Schäl duad bissl weh. In de Oberschenkel kenn es und mei, s’Kreiz duad sakrisch weh.L: Hahaha…I: Hahaha?!?!?L: Ned reagiern, nua beobachtn. Und wennst irgendwo nix gspiast, dann kurz woatn, oba höchstns a Minudn, dann weidageh. Hosd me?I: Frale, so moch es. Oba no a Frage. Wos wenn so vai Gedanken kemman?L: Dann schnaufst kurz a bissl festa und kimmst dann wieda zruck zum normala.I: Ois klar, Opa. Moch i.

Also ab in die Praxis, was solala klappt. Aber zum Üben sind wir sowieso hierhergekommen. Es folgen Gong, Thali, Spaziergang, Mittagsschlaf, Gong, Nachmittagssitzungen,… Ich versuche mich zu konzentrieren und die Theorie in die Praxis umzusetzen. Mir kommen erneut einige Dinge aus meinem Leben in den Sinn. Die Schulzeit, auch die Studienzeit, Einstieg ins Berufsleben und weitere Entwicklung.

Sehr schnell verdiente ich mir einen sehr guten Ruf in und auch außerhalb des Büroalltags, einerseits in den Arbeitsprojekten, andererseits durch meinen Sport und meine Initiative der Spendenprojekte. Proaktiv und mit neuen Ideen am Start, sowohl beruflich wie privat. Der 50. Geburtstag meiner Mutter im Jahr 2010 ließ mich zur Zusammenfassung meiner bisher geschriebenen Gedichte in einem Gedichtband hinreißen. Erstmal nur im Eigendruck, dann auch kurz vor der Weltreise als Veröffentlichung mit ISBN. Mein zweites Buch, bereits ein Jahr zuvor veröffentlicht, stellt meine besten Übungen zur Betreuten Fitness dar. Jene Fitnesskurse bzw. die teilnehmenden Menschen hatten mich dazu inspiriert. Im Sportverein engagierte ich mich erneut im Vorstand, diesmal eben in meiner Wahlheimat München.

Im Vortrag von Goenka wird heute sehr viel über Misere und Leid gesprochen. Jedoch gibt es einen Weg daraus, wenn wir nur bewusster, gleichmütiger und achtsamer werden. Hochs und Tiefs gibt es jederzeit, nichts ist beständig. Das muss uns klar werden.

In der kurzen Pause ist Anton etwas hektisch, er geht zum Office und holt seinen kleinen Rucksack. Danach Gespräch mit seiner Frau. Nach der letzten Meditation, bei der er nicht auftaucht, immer noch Hektik. Nach Packen des Koffers im Zimmer, weiß ich endgültig, was los ist. Er wird das Zentrum verlassen. Warum? Keine Ahnung, jedoch wird es gute Gründe geben. Dann reichen wir uns die Hände zum Abschied. Er reckt den Arm hoch und macht eine Faust, als wollte er sagen: „Halt du noch durch.“ Wenig später geht’s zum Schlafen, wobei ich nicht gleich schlafe. Ich verschwende den ein oder anderen Gedanken an Anton.

Fazit des fünften Tages: Rumpfstabilität – ausgerichtete, stabile Wirbelsäule als Basis.

Tag 6

Neben schlechtem Schlaf der vergangenen Nacht kommt auch noch dazu, dass sich heute Morgen die zwei Stunden ewig ziehen. Zum Frühstück gibt’s wieder mal ne Pampe, welche ich kaum runterkriege. Super Tag, denke ich. Die Moskitos nerven heute trotz Einschmieren auch ziemlich. Die anderen Sitzungen anstrengend und Zeit vergeht kaum. Sitzen geht gar nicht heute, alles sch… Zu allem Überfluss rotzt der vor mir ständig rum. „Hey, des nervt vielleicht.“ Was ist denn heute bloß los? Naja, das Thali ist wenigstens wie gehabt. Doch am Nachmittag sind in den Pops kaum Nüsse, der Tee auch zu heiß. So ein bescheidener Tag. Im Bad rutsche ich beinahe aus und schlage mir fast das Hirn ein. Obwohl ich das vermeiden kann, habe ich trotzdem Kopfschmerzen. Bei der Gruppenmeditation wieder diese ewigen Störer, Nieser, Rotzer und Ungeduldigen. Die Zeit vergeht ebenso nicht.

Herr Goenka erzählt heute im Video, dass der zweite und sechste Tag wohl die schwierigsten sind. Letzteren hätten wir ja jetzt (fast) geschafft. Folgende Geschichte hat der „Oberlehrer“ auch auf Lager. Ein Junge wird losgeschickt, eine Flasche Öl zu holen. Für 20 Rupie ist diese gleich gekauft, wobei er auf dem Rückweg hinfällt und die Flasche teilweise zerbricht. Der Junge kann die Hälfte retten, ist aber tottraurig darüber. Zuhause weint er, dass die Flasche halb leer ist. Einem zweiten Jungen passiert dasselbe. Er wiederum freut sich jedoch, dass die Hälfte des Öls gerettet ist. Freudig berichtet er seiner Mutter, dass die Flasche noch halb voll ist. Der erste Fall spiegelt den Pessimisten, der zweite den Optimisten. Nicht aber genug, da es noch einen dritten Jungen gibt, dem selbiges Schicksal passiert. Er reagiert wie der zweite Junge und ist froh, die Hälfte gerettet zu haben. Dem aber nicht genug. Er geht los, verdient sich 10 Rupie und kauft die verlorene Hälfte für das Geld. Der Junge ist nicht nur ein Optimist, sondern auch ein Realist und kommt mit Arbeit zum Ziel.

Die letzte Meditation ist heute auch irgendwie doof. Beim Spazieren trete ich noch in das ein oder andere Spitze. Jetzt aber schnell ins Bett. Leider gelingt das Einschlafen nicht gleich, ich wälze mich von links nach rechts.

Anm. d. Red.: Am Tag 6 wurde mit den Beschreibungen bewusst übertrieben, um zu zeigen wie schwer wir es uns selbst manchmal machen. Selbst bemitleiden anstatt aktiv ins Tun zu kommen, schlechte Glaubenssätze anstatt zuversichtlich nach vorne zu schauen, stets rumnörgeln anstatt Lösungen zu finden und und und… Jeder kann mal einen schlechten Tag haben, gar kein Problem. Nur zu oft sollte das in der Regel nicht vorkommen. Wenn doch, dem Ganzen etwas mehr auf den Grund gehen. Das Leben ist so einfach. Doch es ist so schwer, einfach zu sein.

Fazit des sechsten Tages: Blickwinkel – öfter bewegen, ins Tun kommen und über Tellerrand blicken.

Tag 7

Trotz des späten Einschlafens ist mein Schlaf gut. Rasend schnell vergehen die frühmorgendlichen zwei Stunden. Sie bleiben meine liebsten. Und ja, der Tag ist wirklich viel besser als gestern. Zum Frühstück gibt’s eine reisartige Mahlzeit, lecker. Der Chai Tee füllt meinen Körper mit Wärme und Energie. Nach Spaziergang und erneutem kurzen Schlaf wieder der Gong und die Glockenjungs. Gruppenmeditation ab 8 Uhr.

Die Stimme aus dem Off mit der üblichen Begrüßung von „Start with a common quiet mind…“. Nun sollen wir die Körperteile nicht nacheinander durchgehen, sondern synchron und ganzheitlich in den Körper lauschen. Mittlerweile sitze ich, wie auch so manch anderer, mit dem Rücken an der Wand angelehnt. Glücklicherweise ist diese direkt links neben mir, eine echte Hilfe und Entlastung. Ich versuche ganzheitlich in den Körper reinzuhorchen und alle Empfindungen zu beobachten. Natürlich drifte ich mit meinen Gedanken oftmals ab.

Nachmittags wird das am Vormittag bereits Praktizierte weiter geübt und verfestigt. In den Pausen schleift sich der Bauer wieder den Pfad entlang und murmelt teilweise was vor sich hin. Rumspucken natürlich inbegriffen, obwohl das ausdrücklich verboten ist. Ich sag ja, Richtlinien. Auch andere rotzen rum und ziehen wer weiß was hoch. Morgens ist das auch immer bemerkenswert oft zu hören. Die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) sagt ja hierzu, dass der Schleim von den täglichen Sorgen und Päckchen kommt, den der einzelne mit sich rumschleppt.

Eine Audienz beim Lehrer darf nachmittags auch mal wieder sein, die diesmal sehr kurz ausfällt.

Lehrer: Und, wie schauts heit aus? Kannst ois gspiarn?Ich: Mei, den free flow hob i aitz no ned, oba i versuch den ganzn Körba zum gspiarn.L: Oba ned reagiern, nua beobachtn.I: Ois klar.

Gongschlag um 17 Uhr, Tee und Pops, heute wieder mit einigen Erdnüssen. Ein gutes Wurstbrot mit Käse und Gurke wäre aber auch mal wieder klasse, denke ich 😉 Ich genieße danach den Spaziergang und sitze einige Minuten auf der Erhöhung am Ende des Pfades. Danach erneut Gruppenmeditation und um 19 Uhr der Vortrag von Goenka.

Heute spricht er erneut über die Hochs und Tiefs im Leben und dass nichts beständig ist. Ständig gibt es Veränderungen. Er spricht von den fünf Feinden wie z.B. Gier, Zweifel und Sorge und von den fünf Freunden wie z.B. Glaube, Bewusstsein und Einsicht. Eine Geschichte gibt es auch noch. Drei Männer sind in Varanasi und wollen mit ihrem Boot den Ganges entlang rudern. Da es dort natürlich auch Marihuana gibt und die Männer erstmal etwas rauchen, geht es erst wenig später los. Sie rudern die ganze Nacht durch und stellen am Morgen fest, dass sie keinen Meter weit gekommen sind. Warum? Der Bootknoten war nicht gelöst und das Boot immer noch am Steg angebunden. So müssen wir auch manchmal erst Knoten lösen, um vorwärts zu kommen. Umso schwieriger, wenn man dann noch benebelt ist.

Nach dem Vortrag eine kurze letzte Meditation, entspannender Spaziergang und Flüssigkeitsdefizit auffüllen. Für letzteres stehen große Behälter bereit, aus welchen man Wasser zapfen kann, entweder direkt in seine Flasche oder in einen dort stehenden Becher, den man aber nicht mit den Lippen berühren darf.

Fazit des siebten Tages: Nahrung – bunt und ausgewogen in Maßen ohne Rauschmittel.

Tag 8

Die ersten beiden morgendlichen Meditationsstunden bleiben die besten, dort geschieht auch am meisten, auch wenn es ruckzuck 6.30 Uhr ist. Gedanken ziehen auch immer wieder vorbei. Ich bin bei meinen alljährlichen Spendenprojekten angelangt, welche ich ab 2007 initiierte. Damals für die Kinderstiftung meines Arbeitsgebers. Während ich anfangs als Wettkämpfer (u.a. beim Ironman in Roth) Spendengelder sammelte, regte ich ab 2010 einen jährlichen familiären Spendentag auf der Betriebssportanlage an.

Den Job kündigte ich schweren Herzens Ende 2012, die Rahmenbedingungen passten einfach nicht mehr. Das Spendenprojekt wollte ich natürlich unabhängig davon weiter begleiten, weswegen ich mit dem Orga-Team Anfang des Jahres 2013 zusammensaß. Kurz nachdem ich den neuen Job begann, erfahre ich telefonisch und etwas nebenbei, dass ich nicht mehr mitmachen darf. Was?!? Ja, der Vorstand der Kinderstiftung, möchte keine Nicht-Firmenmitarbeiter dabeihaben.

Dazu muss man jetzt noch zwei Sachen wissen. Einerseits waren immer ca. 2 Nicht-Firmenmitarbeiter dabei und haben geholfen und andererseits war ich Ende Januar bei eben jenem Vorstand geladen, um mich von der Kündigung umzustimmen. Ich hatte jedoch meine Entscheidung bereits getroffen und legte nochmals sachlich meine Punkte dar.

Als ich im ersten Moment von dem „Rauskicken“ erfuhr, war ich natürlich vollauf geschockt, auch wütend. Ich wollte jegliche Kontakte abbrechen, weil ich so fassungslos war. Nach einer Nacht darüber schlafen habe ich dies aber überdacht, da ich hiermit nur mir selber und den lieben Menschen geschadet hätte, welche mich unabhängig von meiner Kündigung akzeptierten und mir jederzeit positives Feedback gaben.

Für mich war die Sache nun abgeschlossen, auch werfe ich keinem etwas vor und schon gar nicht dem Vorstand. Ich vergebe und suche weiterhin das Beste im Menschen. Er hat auch nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und das auch nur als Mensch wie wir alle. Zudem konnte nun der Startschuss für neue Spendenprojekte fallen. Nichtsdestotrotz bin ich stolz auf das, was ich in diesen Jahren für die Kinderstiftung erschaffen habe.

Es ist wieder Frühstückszeit. Der restliche Vormittag wird mit dem tags zuvor Gelernten verbracht, sprich sich auf den ganzen Körper zu konzentrieren. Nachmittags keine großen neuen Erkenntnisse. Ich kann mittlerweile die Sitzungen echt gut überstehen, mit frei sitzen oder eben an der Wand. Die neuen Schüler wie auch ich dürfen heute in die Pagoda, um zu meditieren. Dort erhält jeder einen knapp 3 Quadratmeter großen Raum zugewiesen und kann isoliert weiter meditieren. Störfaktoren also minimiert.

Abends beim Vortrag von Herrn Goenka hören wir zuerst: „The 8th day is over. You have only 2 more days to work. But nearly 1 day to work seriously because on the 10th day before lunch the noble silence will be over.“ Wir hören weiterhin, dass die Dinge immer auch aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden sollten. Nicht nur den Tunnelblick, auch mal links und rechts schauen, auch über den Tellerrand hinausblicken. Meine Rede seit Jahren, ganzheitliche Betrachtung. Beendet wird erneut mit Gebrumme und dreifachem „sadhu“. Der Abend geht wie gehabt zu Ende.

Fazit des achten Tages: Fuzzy Mathematics – Unterscheidungsvermögen statt vorschnellem Urteilen.

Tag 9

Der neunte Tag beginnt natürlich mit dem Gongschlag. Langsam geht die 10-tägige Vipassana-Meditation dem Ende zu. Es ist zwar auf der einen Seite sehr entspannend für Körper, Seele und Geist, jedoch auch mit viel Arbeit verbunden. Eine unbezahlbare Erfahrung auf jeden Fall und Wiederholung nicht ausgeschlossen. Im „Kleinen“ sollten wir Ähnliches sowieso öfter machen, sprich Meditationen in die tägliche Praxis aufnehmen, genauso wie uns täglich bewegen und mobilisieren. In unserer sitzenden Arbeitswelt ein ganz entscheidender Faktor.

Abends erfahren wir etwas über die zehn mentalen Bestrebungen, u.a. Moral, Bemühung, Toleranz, Einsicht, Gleichmut, selbstlose Liebe und Großzügigkeit. „Real peace, real harmony und real happiness“, das alles wünscht sich der Herr Goenka für sich und alle anderen. Und ich frage mich schön langsam, was das abschließende Gebrumme „Bhavatu sabba mangalan“ heißt, auch das dreifache „sadhu“, mit dem die Schüler quittieren. Ach ja, wir kriegen auch noch das „metta“ erklärt, was wir danach auch gleich probieren sollen. Dies ist eine teilweise neue Technik, die der fortgeschrittene Schüler anzuwenden versucht. Einen „free flow“ erzeugen, seine Aufmerksamkeit auf die Empfindungen im Körper fokussieren und das Bewusstsein und den Verstand mit guten Gedanken und Glück für alle Lebewesen füllen.

Fazit des neunten Tages: Bewegung – regelmäßige Mobilisierungsroutinen für körperliche Gesundheit.

Tag 10

Der letzte Tag bricht an. Ich habe gut geschlafen und die zwei Stunden am Morgen rasen nur so vorbei. Ansonsten gibt es heute einen etwas veränderten Zeitplan. Nach der Gruppenmeditation von 9 bis 10 Uhr nochmal eine „metta bhavana“ Sitzung, also die Fortgeschrittenenvariante. Kurz bevor es 10 Uhr wird, werde ich etwas nervös, weil jetzt gleich die „Noble Silence“ vorbei ist. Der Gong ertönt. Es ist noch ruhig, alle gehen raus. Und dann geht’s los… quatschen, lachen und miteinander reden. Verschiedene Gruppen bilden sich. Ehrlich gesagt habe ich selbst noch nicht gleich das Bedürfnis reden zu müssen. Ich gehe zuerst für die ersten Minuten in mein Zimmer, trinke etwas und hole den Abholzettel für meine abgegebenen Sachen aus meinem Rucksack. Diese kann man sich nämlich bis 11 Uhr wieder abholen.

Ich gehe also raus und stelle mich nun zu einer Englisch sprechenden Gruppe, in der sich auch Erik befindet. Sogleich kommt ein anderer auf mich zu und fragt mich auf Englisch, wie’s war. Er saß zwei Reihen hinter mir und ich hatte ihn auch unter Deutscher eingeordnet. Es stimmt. Chris und ich tauschen uns rege aus. Er sagt, dass es eine wunderbare Erfahrung, jedoch das Sitzen und die Moskitostiche richtig hart waren. Ich entgegne, dass ich mit den Stichen nur in den ersten Tagen Probleme hatte, danach ging das eigentlich. Hie und da mal einer. Klar war das Sitzen auch sehr anstrengend, aber das Härteste, v.a. in den ersten Tagen, blieb nichts niederschreiben zu dürfen. Dann kommt Erik dazu, der es bei seiner zweiten Vipassana-Meditation nicht so anstrengend empfand wie bei seiner ersten.

Nach den ersten Worten nach zehn Tagen – naja, außer denen zum Lehrer und zu Anton als er das Camp verließ – hole ich meine im Office deponierten Sachen. Ich schreibe sogleich ein paar Stichpunkte in mein Kalenderbuch. Zumindest die Dinge, die ich versucht habe zu behalten. Nach und nach kommt das ein oder andere früher oder später sowieso in Erinnerung. Draußen treffe ich nochmal Chris, der sich mit Norbert unterhält. Jan und Morgan komplettieren die deutsche Runde. Jan hatte ebenso teilweise große Schwierigkeiten mit dem Sitzen, auch mit dem nicht kommunizieren. Norbert, der gerade dabei ist seine zehnte Vipassana-Meditation abzuschließen, hatte die Tage etwas Schwierigkeiten mit seinem Magen.

11 Uhr Essenszeit: es ergibt sich, dass ich zusammen mit Norbert esse. Heute ungewöhnlich laut hier drin. Es darf wieder die Stimme erhoben werden. Neunmal war Norbert nun schon im Zentrum in Chennai, einmal in Bengalore. Immer war irgendwas, was ihm schwer viel oder evtl. auch gesundheitlich dazwischen kam.

Plötzlich setzt sich der Unnahbare rechts neben mich. Erst von uns beiden keine Regung. Dann fragt er mich, wo ich nach der Meditation hingehe. Andamanen meine Antwort. Er fragt, ob es ein Teil von Indien ist und ich bejahe. Kieran ist aus London und sein 6-monatiges Visum läuft in drei Tagen aus, so dass er sich schleunigst überlegen muss, was er macht. Entweder nach Hause nach London oder weiter nach Thailand. Ich erfahre auch noch, dass es seine mittlerweile 20. Vipassana-Meditation war. Wahnsinn, da sitze ich nun zwischen zwei Vipassana-Experten.

Im Video um 12.45 Uhr wird gezeigt, wie man in den neunziger Jahren die Vipassana-Meditationskurse in Gefängnissen durchführte. Die Idee dazu hatte die damalige Polizeipräsidentin Frau Bedi. Erst in einem kleinen Gefängnis begonnen, kam es danach im Gefängnis in New Delhi zu dem wahrscheinlich größten Vipassana-Meditationskurs. Hierzu wurde auch Herr Goenka engagiert. Und die Meditationen machten sich in der Folge bei den Wärtern und Häftlingen bemerkbar. Viele erkannten wieder einen Sinn und lösten sich von Gewalt, Raub und Drogen.

Wir schließen eine Gruppenmeditation an. Ab 16 Uhr gibt es Bücher zu erwerben. Ein kleines Geheft fällt mir in die Hände, in dem die wichtigsten Sachverhalte stehen. Und was finde ich da… „Bhavatu sabba mangalam“ heißt „May all beings be happy.“ „Sadhu“ dreifach gesagt heißt „Well said, well done. We agree, we share this wish.“ Somit wäre dies nun ebenso geklärt. Danach gebe ich noch meine Spende für die letzten 10 Tage ab. Ein Spaziergang folgt.

In der Meditation von 18 bis 19 Uhr verkündet der Lehrer, dass bitte alle ihr Handy ausschalten sollen. Ja, einige haben das nun wieder dabei. Wir starten die Meditationsrunde, es gelingt mir die Theorie gut umzusetzen. Der „free flow“ steht kurz bevor… Und was passiert: Ein Handy klingelt. „Ja du Voidepp, hosd denn du vorher ned zuagheard.“

Im Vortrag ab 19 Uhr lässt Herr Goenka nochmal die 10 Tage rückpassieren. Er erzählt dazu, wie er zu Vipassana fand. In Myanmar geboren kam er irgendwann nach Indien. Als er krank wurde und nichts half, probierte er Vipassana. Als er nach dem ersten Tag schon aufgeben wollte, überredete ihn der Lehrer zum zweiten Tag und dem Ganzen noch eine Chance zu geben. Er blieb und wurde überwältigt.

Nach der kurzen „metta“ Sitzung bis 21 Uhr unterhalte ich mich noch kurz mit Norbert, da wir uns morgen wohl das Taxi nach Chennai teilen werden. Mit Chris und Jan sitze ich noch bis Mitternacht. Chris, der seine Kaufmannsausbildung hinter sich und gewisse Vorstellung von der Zukunft hat, war bereits schon einige Monate in Australien und Neuseeland unterwegs. Jan dagegen als Krankenpfleger unzufrieden, weil er mit unserem Gesundheitssystem teilweise nichts mehr anfangen kann. Vor der Vipassana-Meditation bei einem Aufforstungsprojekt beteiligt will er eventuell wieder dorthin zurück.

Fazit des zehnten Tages: Kommunikation – eine wunderbare Sache in diverser Form.

Tag 11

Um 4 Uhr höre ich ein letztes Mal den Gong. Nach kurzer Meditationsrunde nochmal ein Vortrag von Herrn Goenka. Er sagt, wie man Vipassana im alltäglichen Leben praktizieren sollte. Morgens und abends eine Stunde meditieren, 5 Minuten bevor man einschläft und nachdem man erwacht. Dazu wöchentlich eine Stunde mit anderen in der Gruppe meditieren, jedes Jahr mind. einen Vipassana Kurs und weitere Meditationen wie für einen möglich. Na, dann mal ranhalten, würde ich sagen. Eine letzte „metta“ Sitzung für 15 Minuten, Frühstück ab 7 Uhr und danach ist der Kurs offiziell beendet. Von den 120 gestarteten Personen dürften gut 100 den Kurs erfolgreich abgeschlossen haben.

Erneut viel Gesprächsbedarf mit den unterschiedlichen Leuten. Es findet noch eine Großverabschiedung statt und dann macht sich einer nach dem anderen auf, das Zentrum zu verlassen. Auch Norbert und ich verlassen im Taxi das Dhamma Setu. Wir sehen mit einem Schulterblick das Zentrum in der Ferne immer kleiner werden.

Was bleibt von der 10-tägigen „Reise“

Auch für mich war es eine einzigartige und wunderbare Erfahrung. Dass das Nichtreden leicht für mich war, erstaunte mich schon ein bisschen. Ebenso dass eben das Nichtschreiben so hart war. Das mit dem Sitzen war klar, die Zeit jedoch auch kein Problem für mich. Auf der einen Seite waren es sehr ruhige, bewusste und achtsame Tage, auf der anderen Seite auch verbunden mit harter Arbeit. Die Gedanken, die immer wieder abdrifteten – was auch allen anderen so ging, wie sich aus den Gesprächen zeigte – jedoch auch bewusst von mir zugelassen wurde, auch wenn das jetzt nicht der richtigen Vipassana-Meditation entsprach.

Einige Geschichten aus meinem Leben hast du somit erfahren. Weitere würden wohl ein ganzes Buch füllen. Inwieweit jeder – wie auch ich – die Vipassana-Meditation in der täglichen Praxis umsetzen kann, muss jeder selbst entscheiden.

Starte doch z.B. wie nachfolgend: Nimm dir einen xbeliebigen Gegenstand. Das kann ein Stein oder ein Stift oder was auch immer sein. Versuche nun für eine Minute deine ganze Aufmerksamkeit auf den Gegenstand zu richten. Am nächsten Tag eventuell 3 Minuten und irgendwann machst du das mal ohne Gegenstand und beobachtest deinen Körper. Und schon gehst du in Richtung Vipassana.

Im Zentrum halfen mir u.a. ein paar Geschenke über die Zeit. Die kleine Taschenlampe in der linken, das Mikrofaserhandtuch in der rechten Hand und das T-Shirt. Vielen Dank den Spendern 🙂

Mit diesen 10 Tagen hat sich täglich ein Fazit ergeben. Diese 10 Folgerungen hinsichtlich Bewegung, Ernährung und Motivation sollen dich nicht nur in Corona-Zeiten begleiten:

  • Fazit des ersten Tages: Barfuß – eine Wohltat für unsere Füße.
  • Fazit des zweiten Tages: Regeln oder Richtlinien – jeder in seinem Tempo und mit seinen Fertigkeiten.
  • Fazit des dritten Tages: Zucker – Übeltäter hinsichtlich Übergewicht, Diabetes und anderen chronischen Krankheiten.
  • Fazit des vierten Tages: Erfolg – für jeden etwas anderes.
  • Fazit des fünften Tages: Rumpfstabilität – ausgerichtete, stabile Wirbelsäule als Basis.
  • Fazit des sechsten Tages: Blickwinkel – öfter bewegen, ins Tun kommen und über Tellerrand blicken.
  • Fazit des siebten Tages: Nahrung – bunt und ausgewogen in Maßen ohne Rauschmittel.
  • Fazit des achten Tages: Fuzzy Mathematics – Unterscheidungsvermögen statt vorschnellem Urteilen.
  • Fazit des neunten Tages: Bewegung – regelmäßige Mobilisierungsroutinen für körperliche Gesundheit.
  • Fazit des zehnten Tages: Kommunikation – eine wunderbare Sache in diverser Form.

Darüber hinaus vermittelt dir Vipassana, dass das Präsentsein im gegenwärtigen Augenblick dir mehr Klarheit und Einsicht, größere emotionale Stabilität und Weisheit bescheren kann. Präsent sein ist jedoch alles andere als eine Kleinigkeit, vielleicht ist es sogar die schwerste Arbeit der Welt. Zumindest das Aufrechterhalten. Gesunde Kinder leben die meiste Zeit in der Landschaft der Präsenz. Nimm dir ein Beispiel und fühle dich sofort „zu Hause“.

Mehr loslassen, nichts festhalten, den Moment einfach genießen. Buddha hat einmal gesagt, der Kern seiner Lehre ließe sich in einem Satz zusammenfassen. Dieser Satz lautet:

Man soll nichts als „ich“, „mich“ oder „mein“ verstehen oder daran festhalten.

Mit anderen Worten: Keinerlei Anhaften. Das soll keineswegs abwertend interpretiert werden, sondern ganz im Gegenteil dazu einladen, in direktere und lebendigere Berührung mit allen Menschen zu kommen, die uns lieb sind, und mit allem, was für unser Wohlbefinden als Person in Körper, Geist und Seele am wichtigsten ist. Dazu gehört auch Stress und Ängste, die Dinge, mit denen wir nur schwer umgehen und ins Reine kommen können. So auch vielleicht gerade in diesen Corona-Zeiten.

Ich dagegen will dich mit dieser Geschichte ein wenig aus dem Alltag reißen, was ich hoffentlich etwas geschafft habe. Ich will dich hoffnungsvoll, mit Zuversicht, lachend und voller Glück sehen. Und vielleicht etwas für Meditation begeistern, welche dir zu einem glücklicheren Leben verhelfen kann. Es wäre hilfreich, wenn du die Meditation als Seinsweise wahrnimmst. Eine Weise des Sehens, eine Weise des Wissens, ja sogar eine Weise des Liebens. Erwarte jedoch keine Wunder, sei selbst das Wunder. Finde die Freude in deinem Leben.

Dein Benjamin

Quellen:
https://www.dhamma.org/de/index
Jon Kabat-Zinn: Zur Besinnung kommen: Die Weisheit der Sinne und der Sinn der Achtsamkeit in einer aus den Fugen geratenen Welt. Arbor. 2005.