In den letzten Blog-Beiträgen hast du etwas über die Geschichte vom Laufathleten zum Sitzkrieger erfahren, ebenso zu Auswirkungen schlechter Körperhaltung und langen Sitzens und Prinzipien korrekter Körperhaltung anhand der Biomechanik sowie zuletzt zu Bewegung und Neurophysiologie. Smart bewegen – Lösungsansätze für Freizeit und Beruf: Das ist das Thema in den nächsten Abschnitten.

Einblick in Arbeits- und Freizeitalltag

71 Prozent aller Beschäftigten arbeiten inzwischen zeitweise an einem Büroarbeitsplatz, 2015 waren es noch 51 Prozent. Mittlerweile zählt für fast 32 Millionen Menschen Büroarbeit zum Alltag, sie ist ein maßgeblicher Wirtschaftsfaktor. Bei der bewegungsfreundlichen Ausstattung der Arbeitsplätze hinken wir aber noch hinterher. Bisher sind ungefähr 28 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland mit einem Steh-Sitz-Arbeitstisch ausgestattet (Industrieverband Büro und Arbeitswelt e.V. (IBA), 2020).

Deshalb sind auch Unternehmen gefragt, Arbeitsplätze entscheidend umzugestalten, damit die Beschäftigten weniger durch das Dauersitzen gefährdet sind. Viele Unternehmen berücksichtigen insbesondere bei einem Büroneubau moderne Bürokonzepte. Die in Altgebäuden Verbliebenen werten ihre Bürolandschaften mit immer wieder neuen kreativen Sitzgelegenheiten auf.

Das geht vom Hängesessel bis zum gemütlichen Bürosofa. Aber auch simple und kostengünstige Hilfsmittel wie Fußstütze oder Fußwippe sind bereits im Einsatz, u.a. um den Blutfluss in den Beinen anzuregen. Auch Walkstations sind bereits im Gespräch, eine Kreuzung aus Laufband und Schreibtisch. Bis dies ausgereift ist, wird jedoch sicherlich noch etwas Zeit vergehen.

Natürlich ist langes Sitzen auch in der Freizeit schädlich. Denn nicht nur im Büro, auch in der Freizeit sitzen wir immer mehr. Leider bringt das auch der technische Fortschritt mit sich, Stichwort „Smart Home“. Das Einlegen einer CD oder das Einschalten des Lichts passiert vom Sofa aus, so dass wir nicht mal mehr aufstehen müssen. Stattdessen bleibt noch länger Zeit, um in unsere digitalen Utensilien wie Smartphone oder Tablet schauen zu können. Also ran an smart bewegen.

Eine ernstzunehmende Entwicklung. Hier kann es nur eine Lösung geben: „Hoch mit dem Hintern! Zu viel Sitzen ist für’n Arsch!“ Freizeitaktivitäten sollen uns nicht auch noch zum Herumhocken verleiten. Keiner muss Extrem- oder Leistungssportler werden, bereits spazieren in der Natur, tanzen mit dem Partner oder handwerkliche Tätigkeiten sind ein Anfang. Denn:

Wer länger sitzt, ist früher tot.

Deshalb solltest du die grundsätzlichen Richtlinien in deinen Arbeits- und Freizeitalltag aufnehmen. Auch wenn du dich am Anfang etwas zwingen musst, wird dies nach kontinuierlichem Berücksichtigen nach einiger Zeit eine Routine werden – die Wissenschaft spricht im Mittel von 66 Tagen.

  • Langes Sitzen verringern bzw. vermeiden – so wenig wie möglich sitzen
  • Für jede sitzende Stunde mindestens 5 Minuten bewegen
  • Körperhaltung in jeder Lebenslage überprüfen und ggf. korrigieren
  • Täglich 5 bis 10 Minuten Mobilisationsroutinen absolvieren
  • Bewegung und Sport in deinen Alltag einbauen
  • Psychische Anspannung reduzieren und regelmäßig Entspannungs- sowie Atemtraining in den Alltag einbauen

Mit einfachen Atemübungen die Weichen stellen

Atemübungen sind heutzutage essentiell, um zu entspannen und einfach genug Sauerstoff zu erhalten sowie Übungen korrekt auszuführen. Ein Anhalten der Luft während der Übungsausführung ist bereits eine Art der Kompensation. Gerade bei Bluthochdruckpatienten ist eine Pressatmung zu vermeiden.

Übung 1: Aktivieren des Parasympathikus

  1. Bequeme aufrechte Sitzposition einnehmen oder Rückenlage auf einer Matte
  2. Arme und Beine locker sowie nach oben geöffnete Handflächen
  3. Augen schließen und vollständig auf Atem konzentrieren
  4. Locker etwa 3 Sekunden durch Nase in Bauch einatmen, kurz Atem anhalten und etwa 4 Sekunden ohne Druck ausatmen
  5. Erneut Atem kurz anhalten und diesen Rhythmus beibehalten

Die Folgen sind mehr und mehr das Gefühl der Entspannung und das Absinken des Herzschlags, was ein Zeichen für das Aktivieren des Parasympathikus ist.

Übung 2: Blockierte Atmung

  1. Gleichmäßig durch Nase ein- und ausatmen
  2. Nach vier bis fünf ruhigen Atemzügen maximal ausatmen und Nase sowie den Mund geschlossen halten
  3. Einige Atemzüge bei zugehaltener Nase durchführen, ohne wirklich Luft einzuatmen
  4. Brust- sowie Bauchraum durch Vorstellungskraft weiten, ebenso Zwerchfellbewegung wahrnehmen
  5. Brust- und Bauchraum wird aktiviert und mobilisiert
  6. Abschließend erneut durch Nase ein- und ausatmen, bis sich Atmung normalisiert

Daneben kannst du die Bauchatmung gegen einen Widerstand ausführen oder mit der fortgeschrittenen Variante, der Krokodilsatmung weitermachen. Auch die Atmung durch einen Strohhalm kann helfen, vor allem bei Asthma oder COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) ist dies eine Atemtechnik, um besser bei Luftnot oder erhöhter Belastung klar zu kommen.

Integration von Mobilisationsprogrammen in den Alltag

Eine tägliche Mobilisation von nur 10 bis 15 Minuten wird dir im Laufe der Zeit viel Frust und Ärger mit Verspannungen und Schmerzen ersparen. Viele nehmen sich diese Zeit leider nicht. Und das, obwohl die Mobilisationsübungen einfach in den Alltag integriert werden können.

Mobilisation ist ein bewegungsbasiertes, integriertes Ganzkörperkonzept, das alle bewegungs- und leistungsbeschränkenden Komponenten berücksichtigt. Dazu gehören verkürzte und verhärtete Muskeln, Weichgewebe- und Gelenkkapselrestriktionen, Koordinationsschwierigkeiten und fehlende Gelenkmobilität sowie neurodynamische Probleme. Kurz gesagt ist Mobilisation ein Werkzeug, um Bewegungs- und Leistungsprobleme ganzheitlich anzusprechen.

Gerade für Vielsitzer und inaktive Menschen ist die Mobilisationsarbeit ein entscheidender Faktor. Ob am Morgen, am Abend oder unter dem Tag, integriert mit durchgeführten Bewegungspausen ist sehr wichtig. Um es auf den Punkt zu bringen „das Handeln und Tun“, es einfach ohne Wenn und Aber zu machen.

Bereits mit simplen Übungen und der täglichen Routine kannst du der Inaktivität vorbeugen. Ob nun Arm- oder Schulterkreisen, einfache Kniebeugen, Wirbelsäulenrotationen oder langsame Kopfbewegungen, alles wunderbar und regelmäßig in den Berufs- und Freizeitalltag einzubauen. Zudem wirken kurze Entspannungs- und Atemübungen Wunder, um einige Momente dem Alltag zu entfliehen und neue Energie zu tanken.

Wenn du eine regelmäßige Sportart ausübst, bietet sich das Mobilisieren vor der Ausübung dieser Sportart an. Lieber davor etwas mehr Zeit einplanen und sich richtig aufzuwärmen und zu mobilisieren, bevor in den Laufschritt übergegangen oder der Tennisschläger geschwungen wird. Da jeder Sport einseitig ist, gilt es gerade hier die strapazierten Körperbereiche zu bearbeiten.

Mobilisation heilt Symptome, Haltungskorrektur heilt Krankheiten.

Um mit so wenig Mobilisation wie möglich zurecht zu kommen, entscheidet von Anfang an die biomechanisch korrekte Ausführung von Bewegungen. Verhältst du dich im Alltag und im Sport physiologisch korrekt, dann kommst du gar nicht in die Verlegenheit, dich mit Krankheit und Schmerz beschäftigen zu müssen.

Mobilisationsmethoden und -techniken

Es gibt viele verschiedene Mobilisationsmethoden und –techniken, welche ebenso sinnvoll kombiniert werden können. Hier ist zu erwähnen, dass es nicht die eine „wahre“ Methode gibt. Die Methode ist ebenso immer abhängig von der einzelnen Person, vom Motiv und entsprechenden Bescherden.

  • Faszienarbeit: Rollen und Triggern mit Faszientools wie z.B. TMX Trigger, Drücken&Drehen mit einem Lacrosseball
  • Stretching: Dehnmethode/n je nach Motiv und Befinden anwenden
  • Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF): Methoden wie Contract-Relax-Methode (CR-Methode – Ausnutzen der autogenen Hemmung), die Antagonist-Contract-Methode (AC-Methode – Ausnutzen der reziproken Hemmung) oder Kombination aus beidem, studienbasiert siehe (Hindle, Whitcomb, Briggs, & Hong, 2012). Eher für erfahrene Sportler oder mit erfahrenem Trainer anwenden.
  • Massagewerkzeuge: Massagepistolen und weitere Tools je nach Motiv und zu behandelnden Körperstellen

Intermittierendes Sitzen

Intermittierendes Fasten, sprich Intervallfasten oder Kurzzeitfasten, wird dir sicher ein Begriff sein. Nebenbei bemerkt eine in der Tat sehr zweckmäßige Ernährungsform, die auf verschiedene Arten ausgeführt werden kann. Grundsätzlich isst man hier in einem bestimmten Rhythmus, es wird zwischen Zeiten der normalen Nahrungsaufnahme und des Fastens gewechselt. Anregungen dazu unter Primal State.

Mit dem intermittierenden Sitzen gestaltet es sich ebenso, hier nur auf Sitzen und Bewegen bezogen. Das Ziel ist es, die Sitzzeit immer wieder zu unterbrechen und die folgende Zeit für Bewegung zu nutzen. Ob es nur ein Aufstehen, ein Mobilisieren, ein Spaziergang oder eine komplette Sporteinheit ist, bleibt dir natürlich selbst überlassen.

Am Arbeitsplatz kannst du dir einfach einen Termin oder das Handy stellen, um an die Bewegung erinnert zu werden. Eine hervorragende Übung ist die naturrichtige Hocke, auch unter tiefer Hocke oder Entspannungshocke bekannt. In dieser Hocke hast du in korrekter Ausführung den Rücken bogenartig gerundet, der Spinalkanal ist maximal geöffnet, die Kniegelenke sind scharnierartig nach vorne ausgerichtet und beide Fersen haben in paralleler Ausrichtung festen Bodenkontakt (Schnack, 2019).

Leider kommen viele von uns gar nicht in die tiefe Hocke oder es wird eher die naturunrichtige europäische Krampfhocke. Sprich es erfolgt keine Rückenentlastung, durch angehobene Fersen keine Entlastung der Waden und Achillessehne sowie eher hoher Innenmeniskusstress. Waden und Achillessehne werden durch eine hohe Vorfußbelastung angespannt. Das kann sich sogar auf den unteren Rücken auswirken.

Der naturrichtigen Hocke können wir uns mit der Kniebeuge auf dem Stuhl (Gesäß Richtung Vorderkante des Stuhls absenken) und mit der gestützten Kniebeuge annähern. Ebenso ist es möglich, sich der Wand zu bedienen. Wir gehen in die Hocke und lassen unseren Rücken durch die Wand stützen.

Eine weitere wichtige Übung ist die Dehnung deiner Vorderseite, insbesondere des Hüftbeugers. Dieser wird durch zu langes Sitzen fest und verspannt. Um den Hüftbeuger zu dehnen, kannst du ein Bein auf die Sitzfläche des Stuhles legen. Mit aufrechtem Oberkörper und leichter Bauchspannung schiebst du dein Becken langsam nach vorne. Deine Beine sind parallel und deine Zehenspitzen nach vorne ausgerichtet. In der Position verharrst du, bis eine merkliche Entspannung im Hüftbeuger zu spüren ist. Gerne kann hier mit federnden – jedoch keine ruckartigen – Bewegungen gearbeitet werden.

Wenn du bereits etwas beweglicher bist, kannst du ein Bein bzw. die Fußsohle auf der Auflage des Schreibtischs auflegen. Dabei eine aufrechte Körperposition einnehmen und gezielt im stabilen Stand die Hüfte aufrichten.

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Mit der Entwicklung zu dauerhaft sitzenden Arbeitern, v.a. im Büro, und der stetig steigenden Krankheitstage durch orthopädische Erkrankungen wird das Thema Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz immer wichtiger. Die Wertschätzung dafür steigt, auch weil viele psychische Erkrankungen aus den physischen Schwierigkeiten entstehen. Der DKV-Report von 2018 bescheinigt, dass der Bewegungsmangel zu einem immer größerem Problem in Deutschland wird (Froböse, Biallas, & Wallmann-Sperlich, 2018).

Heutzutage ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) essentiell, um die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter zu sichern. Dahinter sollte sich eine individuelle und auf die Firma zugeschnittene Strategie befinden, sonst verpufft der Aufwand schnell und keiner gewinnt. Das BGM muss die entsprechenden betrieblichen Strukturen und Prozesse lenken und entwickeln, um Arbeit, Organisation und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich zu gestalten.

Die vier Hauptpfeiler eines BGM sind Arbeitsgesundheitsschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Betriebliche Gesundheitsförderung und Personalmanagement.

Gesund im Büro – Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Verantwortung

Der Arbeitgeber ist in der Verantwortung sich um ein Betriebliches Gesundheitsmanagement zu kümmern und dieses strategisch anhand der Unternehmenskultur auszurichten. Es ist förderlich geeignetes Personal einzusetzen, welche sich auf diese Themen spezialisiert haben.

Die Betriebliche Gesundheitsförderung ist einer der wichtigsten Bausteine. Dieser basiert auf drei Säulen: Verhaltensprävention, Verhältnisprävention und Systemprävention. Die Verhaltensprävention geht vom einzelnen Mitarbeiter aus und betrifft die Prävention im Hinblick auf das Verhalten des Einzelnen.

Im Gegensatz zur Verhaltensprävention setzt die Verhältnisprävention an den Arbeitsbedingungen an. Es geht hier um Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsmittel und sonstige Arbeitsumgebung. Die dritte Säule der Systemprävention hat ein gesundes Miteinander im gesamten Unternehmen zum Ziel. Kollegialer Zusammenarbeit und respektvollem Umgang in einer Hierarchie sollen große Bedeutung zukommen.

Konkrete Ziele der Betrieblichen Gesundheitsförderung sollten sein:

  • Einbeziehen der Beschäftigten in den Entwicklungsprozess
  • Bewusstseinssteigerung bei den Beschäftigten für mehr Bewegung
  • Reduzieren des Bewegungsmangels durch sportliche Angebote und Aktivitäten
  • Vorbeugen und Reduzieren spezieller gesundheitlicher Risiken
  • Prävention und Begrenzung arbeitsbedingter Belastungen des Bewegungsapparates, aber auch der Psyche
  • Stärken der physischen wie psychosozialen Gesundheitsressourcen
  • Sicherung der Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten
  • Steigerung der Produktivität und damit der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens

In diesem Sinne ist der Arbeitnehmer dazu angehalten, die entsprechenden Angebote wahrzunehmen und sich in die Unternehmenskultur einzufügen. Eigenverantwortung wird hier großgeschrieben. Auch über die Arbeit hinaus ist der Arbeitnehmer angehalten, sich gesundheitsgerecht entsprechend seiner Gesundheit zu verhalten. Die Freizeit sollte als Ausgleich genutzt werden, damit sowohl psychische und physische Gesundheit gefördert werden.

Ergonomischer Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung

Kann das dauerhafte Sitzen nicht komplett vermieden werden, gibt es zu beachtende Punkte. Genau, zum einen so viele Stützsäulen wie möglich aufbauen. Details dazu im Blog-Beitrag Prinzipien korrekter Körperhaltung anhand der Biomechanik. Für das Sitzen gilt die Maxime: Biomechanisch optimiertes Sitzen.

Dein Ziel muss es sein, einen dynamischen Arbeitsplatz zu schaffen. Dazu gehört eine bewegungsfördernde Arbeitsumgebung. Unabhängig ob du sitzt oder stehst, solltest du jegliche Bewegungsarten beherzigen:

  • Haltungswechsel und Neuausrichtung
  • Mobilisations- und Bewegungspausen
  • Entspannungspausen

Haltungswechsel bieten sich ständig an, die weiteren beschriebenen Pausen mind. fünf Minuten pro Stunde. Das mag am Anfang vielleicht viel klingen, doch nachdem du dies ritualisiert hast, merkst du, wie gut dir das tut und um wieviel produktiver du in der Folge bist. Sich gut zu bewegen ist eine Fertigkeit. Es benötigt Zeit, um sich zu entwickeln. Kinder müssen eine Aufgabe 10.000 Mal ausführen, bevor eine bestimmte Fertigkeit korrekt automatisiert ist. Also Üben, Üben, Üben.

Vom Sitzen zum Stehen

Der Übergang vom Sitzen zum Stehen erfordert Zeit und Geduld, ebenso das Beachten einiger Punkte. Als die ersten Stehschreibtische entwickelt wurden, behaupteten Kritiker vorschnell, dass Stehen schlechter wäre als Sitzen. Angesichts der vielen positiven Studien hinsichtlich des Stehens ist dies jedoch nicht haltbar. Unser Körper ist für Bewegung gebaut und eine bewegungsfördernde Umgebung ist durch das Stehen vielmehr gegeben wie durch das Sitzen.

Mit der richtigen Strategie kannst du dich herantasten. Eine grobe Richtlinie wäre mit 15 Minuten pro Stunde Stehen zu starten. Im Einzelfall kann dies natürlich abweichen. Es gilt, auf den Körper zu hören und Signale wahrzunehmen bzw. zu beachten. Auf die neutrale Wirbelsäulenstellung ist jedoch sowohl im Sitzen wie im Stehen zu achten. Die Stehzeiten kannst du in der Folge steigern, ebenso aber auch nicht die wichtigen Bewegungs- und Mobilisationspausen vergessen.

Leider richten sich viele Menschen „nur“ ihren Arbeitsplatz mit vermeintlich ergonomischer Tastatur und Maus ein, vergessen jedoch zuerst auf eine korrekte Körperhaltung zu achten. Deshalb gilt es, dass sich die Umgebung und der Schreibtisch an dich anpasst und nicht umgekehrt. Ein Schreibtisch, der zu unserem ausgerichteten Körper passt, erleichtert den Übergang vom Sitzen zum Stehen.

Kleine Helfer für den Stehschreibtisch

Einige Hilfsmittel, um besser am Stehschreibtisch zurechtzukommen, vereinfachen zudem die Veränderung hin zu einem funktionellen Steharbeitsplatz. Flache Schuhe, ohne zu weich und zu sehr gestützt zu sein, haben einen positiven Einfluss auf Körperhaltung und –bewegung. Dein Fußgewölbe ist eine selbsttragende Einheit, wie ein Bogen in der Architektur, welcher auch keinen extra Pfeiler in der Mitte zum Stützen benötigt. Auf dieser Basis baut dein Bewegungsapparat auf, insbesondere die Wirbelsäule.

Absolut schlecht für unsere natürliche Biomechanik sind Schuhe mit hohen Absätzen. Diese wird im Laufe der Zeit verändert und die Gefahr für Fuß- und Sprunggelenksschwierigkeiten steigt. Falls sich bereits Bewegungseinschränkungen, z.B. in Sprunggelenken, eingeschlichen haben, solltest du öfter auch Barfuß-Phasen in den Alltag einbauen., ebenso Mobilisation der Füße und Zehengymnastik.

Ein weiterer Punkt ist der Boden, welcher nicht zu hart und nicht zu weich sein sollte. Wenn der Boden sehr hart ist, spielt Bewegung eine noch größere Rolle. Ein adäquates Werkzeug stellen auch Anti-Ermüdungsmatten dar, die kleine aktivierende Fußbewegungen zulassen. Bei einem zu weichen Boden müssen unsere Füße enorm arbeiten, auch ist es schwieriger eine korrekte Haltung einzunehmen.

Eine wesentliche Erleichterung, v.a. um die neutrale Wirbelsäule automatisch von der passiven Belastung zu entlasten, ist ein Fußhocker, Schrägbrett oder Fußstütze. Wenn du an einer Bartheke stehst und es dort eine Fußreling gibt, setzt du intuitiv einen Fuß darauf, da es einfach angenehmer für deinen unteren Rücken wird. Das Becken bringst du damit automatisch in eine günstigere Lage, damit die Lendenwirbelsäule entlastet wird.

Ein Sitzhocker ist ein weiteres wichtiges Detail beim Einrichten des Steharbeitsplatzes. Dieser soll nicht das Sitzen in eine höhere Position verlagern, sondern zum Anlehnen, Aufstützen der Füße oder als Hilfsmittel zum Haltungswechsel verwendet werden. Am besten eignet sich ein Sitzhocker mit mittelharter, flacher und geradkantiger Sitzfläche. Auch die Sitzhöhe ist entscheidend, welche ungefähr der Schritthöhe entsprechen sollte.

Weitere wichtige Punkte können folgende sein:

  • Eine grüne Pflanze, ein inspirierendes Bild an der Wand und/oder eine helle Umgebung kann unser seelisches Wohlbefinden fördern. Zudem sorgen Pflanzen für ein angenehmes Raumklima und fangen Staub ab.
  • Allgemeines Betriebsklima mit entsprechender Kommunikation und Kollegialität sowie sozialen Events

Alternative Positionen, ob im Sitzen oder Stehen, sollten wir jederzeit im Repertoire haben. Im Blog-Beitrag Prinzipien korrekter Körperhaltung anhand der Biomechanik konntest du bereits einige Alternativen kennenlernen, wenn es um das Sitzen auf einem herkömmlichen Stuhl bzw. Bürostuhl geht. Aber ebenso haben wir im Stehen viele Möglichkeiten, immer einen Haltungswechsel anzustreben.

Mehr Bewegung am Arbeitsplatz

Beim intermittierenden Sitzen hast du bereits Anregungen zur Bewegung und zum Haltungswechsel erhalten. Jegliche Bewegung und Unterbrechung der starren Sitzhaltung fordert und fördert unser Bewegungssystem.

Eine weitere adäquate zu beherzigende Formel ist “40-15-5”. Während einer Arbeitsstunde solltest du maximal 40 Minuten am Stück dynamisch sitzen, 15 Minuten stehen und fünf Minuten gezielt bewegen.

Telefonate sind eine hervorragende Gelegenheit, um für mehr Bewegung am Arbeitsplatz zu sorgen. Solltest du also die Möglichkeit mit einem Headset haben, dann die Telefonate im Stehen oder Herumlaufen ausführen. Außer natürlich du musst etwas am Rechner besprechen.

Auch für Besprechungen bietet es sich an, diese im Stehen oder sogar draußen an der frischen Luft im Gehen abzuhalten. Natürlich je nachdem wie viele Personen in der Besprechung zusammenkommen und ob es die Situation zulässt.

Im Team lassen sich ebenso wunderbar kurze Büro-Workouts und Übungen durchführen. Der Arbeitsalltag wird aufgelockert, etwas Stress fällt ab und ihr bleibt alle in Bewegung. Am besten eignet es sich, dies zu festen Zeiten zu vereinbaren und auch fest im Kalender einzutragen.

Weitere klassische Möglichkeiten für mehr Bewegung:

  • Treppe statt Aufzug
  • Apps, um Erinnerung an Bewegung einzustellen
  • Powernap im Ruheraum, falls vorhanden
  • Mobilisierungsübungen am Schreibtisch
  • Arbeitsweg für mehr Bewegung – Rad oder einen Teil des Weges spazieren

Zu guter Letzt bietet es sich an, die Bewegungsaktivitäten auch zu dokumentieren, sprich ein Tagebuch zu führen. In unserem Kopf geistert viel herum, aber nur wenn wir es auch schwarz auf weiß haben, können wir den Überblick behalten und auch nötige Rückschlüsse ziehen.

Bleib schmerzfrei, mobil und BEWECT 🙂

BEWECTe Grüße
Dein Benjamin

Quellen
Froböse, I., Biallas, B., & Wallmann-Sperlich, B. (2018). Der DKV-Report 2018. Düsseldorf: DKV Deutsche Krankenversicherung.
Industrieverband Büro und Arbeitswelt e.V. (IBA). (2020). IBA-Studie 2019/2020: Die Entwicklung der Büroarbeit. Von https://iba.online/: https://iba.online/site/assets/files/5013/iba_studie_2020_final.pdf abgerufen
Schnack, G. (2019). Sitzen macht krank. München: Piper Verlag.
Starrett, K. (2016). Sitzen ist das neue Rauchen. München: riva Verlag.
Thömmes, F. (2017). Wer länger sitzt, ist früher tot. München: riva Verlag.