Bei der Beobachtung von fundamentalen Bewegungen verschiedenster Menschen findet man bereits im Alltag signifikante Unterschiede. Einer tut sich schwer über ein Hindernis oder eine Treppe zu steigen, ein anderer hat Schwierigkeiten etwas zu tragen oder verliert leicht das Gleichgewicht, wieder ein anderer hat sogar leichte Schmerzen beim Bücken.

Functional Movement Screen: Was ist das?

Der Functional Movement Screen (FMS) ist ein standardisiertes und weltweit bekanntes Verfahren von Gray Cook und Lee Burton zur Analyse von fundamentalen Bewegungsmustern hinsichtlich Mobilität, Stabilität und Flexibilität. Mit diesem werden spezifische Defizite und Asymmetrien des Bewegungsapparats identifiziert. Diese und weitere Ergebnisse liefern die notwendigen Informationen zur Erstellung von individuellen Trainingsplänen, um Schwächen gezielt auszugleichen und die Bewegungskompetenz zu entwickeln bzw. zu verbessern.

Der FMS besteht aus sieben Bewegungstests, welche sowohl Mobilität, Stabilität wie auch Funktionalität erfordern. Der FMS ist weder ein Trainingsmittel noch besitzt dieser Wettkampfcharakter. Geschulte Fitness- und Gesundheitstrainer erkennen in der Ausführung der verschiedenen Muster bzw. Bewegungen jeweils auftretende Einschränkungen, Dysbalancen und/oder Asymmetrien. Menschen, welche im Test einen eher niedrigen Wert erreichen, benutzen normalerweise auch bei herkömmlichen Aktivitäten Kompensationsbewegungen. Wenn diese Kompensationsbewegungen nicht beseitigt werden, schleichen sich suboptimale Muster ein, die zu biomechanischen Fehlbelastungen des Bewegungsapparats führen und ggf. auch das Verletzungsrisiko in der Folge erhöhen.

Die sieben der im FMS getesteten Bewegungsmuster sind nachfolgende:

  1. Deep Squat (Tiefe Kniebeuge)
  2. Hurdle Step (Hürdenschritt)
  3. Inline Lunge (Ausfallschritt)
  4. Shoulder Mobility (Schulterbeweglichkeit)
  5. Active Straight Leg Raise (Aktives Beinheben)
  6. Trunk Stability Push-Up (Liegestütz)
  7. Rotary Stability (Rotationsstabilität)

Der FMS-Trainingszyklus

Nachdem der FMS ausgeführt und die zu korrigierenden Muster identifiziert wurden, müssen nicht alle Schwachstellen oder/und Asymmetrien auf einmal behoben werden. Stattdessen kommt es auf die Behandlung des schwachen Glieds in der Reihenfolge von Mobilität über motorische Kontrolle bis funktionelle Musteranbahnung an.

Die Bewegungsmuster Active Straight Leg Raise (Aktives Beinheben) und Shoulder Mobility (Schulterbeweglichkeit) stehen für Mobilität, Rotary Stability (Rotationsstabilität) und Trunk Stability Push-Up (Liegestütz) für motorische Kontrolle bzw. Stabilität, die restlichen drei Bewegungsmuster Inline Lunge (Ausfallschritt), Hurdle Step (Hürdenschritt) und Deep Squat (Tiefe Kniebeuge) für Funktionalität.

Wenn man also dem Algorithmus folgt, sollte man nach einer bewerteten Schwachstelle oder einer (deutlichen) Asymmetrie suchen. Wird man nach dem Vorgehen fündig, muss nicht weitergesucht werden. Alle anderen Ergebnisse können vorerst ignoriert werden und der Fokus liegt auf dem identifizierten Muster. Hinweis: Falls bei einer Übung Schmerzen auftreten, muss dies von medizinischem Fachpersonal abgeklärt werden.

Der Schwerpunkt liegt zuerst auf der Mobilität, da diese die Basis für eine entsprechende Stabilität bzw. motorische Kontrolle bildet. Eine angemessene Mobilität sorgt dafür, dass genügend sensorischer Input verarbeitet wird, um adäquate Stabilisierungsstrategien zu entwickeln. Hier setzt man nun mit Korrekturübungen an.

Die Korrekturübungen folgen der logischen Progression, d.h. von fundamentaler Beweglichkeit zu funktioneller Stabilität und von dort zur Umprogrammierung von Bewegungsmustern. Jedes der sieben Bewegungsmuster ist sowohl mit Mobilitätsübungen wie mit Stabilität und motorischer Kontrolle verbunden. Bei den Mobilitätsübungen liegt der Fokus auf dem Bewegungsumfang der Gelenke, der Beschaffenheit des Gewebes und der Beweglichkeit der Muskeln. Die Übungen müssen die gesamte Mobilität erkunden und abbilden. Bei den Stabilitätsübungen kommt es dagegen auf die Sequenzierung der Bewegungen an, d.h. Haltungskontrolle von Start- und Endpositionen innerhalb des Bewegungsmusters. Hier ist mehr das Timing statt Kraft entscheidend. Bei der Umprogrammierung geht es darum, dass Mobilität und Stabilität interagieren, um Timing und Koordination zu verbessern und zu entwickeln.

Es wird also immer mit Mobilitätsübungen gestartet. Sollte es hier zu Einschränkungen kommen, sollte noch nicht zu Stabilitätsübungen fortgeschritten werden. Ausreichende Mobilität ist das Ziel. Es geht darum, dass die Korrekturübungen einen Fortschritt erkennen lassen. Bei den Stabilitätsübungen geht es um Haltung und Position, weniger um herkömmliche Kraftübungen. Es ist wichtiger, eine gute Haltung und eine exakte Bewegung bis zum Endpunkt zu bewahren. Eine schnelle Festigkeit und Anpassungsfähigkeit bei plötzlichen Belastungsänderungen sind im Hinblick auf die Stabilität entscheidender als die reine Krafterzeugung. Zudem steht eine gute Spannung im Endbereich für Stabilität, Timing und Integrität, was auch die Wichtigkeit der Mobilität bestätigt.

Die Leistungspyramide

Die Leistungspyramide stellt ein einfaches schematisches Modell dar, um Bewegungen zu erklären und zu veranschaulichen. Auf der ersten Stufe stehen die Grundlagen der Mobilität und Stabilität, sprich das Ausführen fundamentaler Bewegungsmuster. Die zweite Stufe ist mit Leistung verbunden. Hier wird eine allgemeine sportliche Leistungsfähigkeit beurteilt, jedoch noch keine sportartspezifische. Dies ermöglicht es, auch Athleten verschiedener Sportarten zu vergleichen. Wenige einfache Bewegungen sind hier wichtiger, um zu sehen, wie effizient ein Athlet bei seiner Kraftentfaltung ist. Auf der dritten Stufe geht es um sportartspezifische Fertigkeiten. Es werden hier Wettkampfstatistiken und sämtliche Tests, welche mit dem betreffenden Sport in Verbindung stehen, herangezogen.

Bei der Leistungspyramide ist es wichtig, dass diese auf einem breiten Sockel steht. Ist z.B. die zweite Stufe, sprich die Kraft zu ausgeprägt, kann es sinnvoll sein, sich im Training mehr auf funktionelle Bewegungsmuster zu konzentrieren. Ist stattdessen die Kraft mangelhaft, sollte sich der Athlet auf Effizienz und Kraft konzentrieren, ohne jedoch seine allgemein gute Beweglichkeit zu verlieren. Sind die sportartspezifischen Fertigkeiten nicht ausgeprägt genug, wäre der Fokus bei den fundamentalen sportartspezifischen Fertigkeiten zu legen.

Der Zweck des Testverfahrens ist, alle Informationen über den Kunden zu sammeln, um eine einfache Leistungspyramide zu erstellen. Der Schwerpunkt wird auf die Bereiche gelegt, welche einer Verbesserung bzw. Optimierung bedürfen. Die Leistungspyramide ist eine einfache und effektive Methode, das Gleichgewicht der einzelnen Komponenten des Athleten sicherzustellen.

Kurzfristige Reaktion für eine langfristige Anpassung

Bei den Korrekturübungen ist es wichtig, diese adäquat nach Athlet anzuwenden und die Reaktion zu beobachten. Es sollte eine positive, kurzfristige Reaktion auf jede Korrekturübung zu sehen sein. Deshalb gilt es, den Test zu wiederholen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Die entsprechenden Korrekturübungen verändern das Muster, so dass sich die kurzfristigen Reaktionen zu einer langfristigen Adaptation summieren.

Der oben beschriebene FMS-Trainingszyklus ist ein Pfad, der auf einer natürlichen Bewegungslogik beruht. Es gibt keine Top 3 Übungen genauso wie sich nicht jede Übung für jeden eignet. Manchmal muss man den Kunden auch in Extremsituationen bringen, damit er seine ‚Mitte‘ bzw. die Neutralposition findet. Propriozeption spielt hier eine wichtige Rolle, ebenso in einem sicheren Rahmen zu trainieren. Eine unbelastete und langsame Bewegungsausführung gibt zusätzlich Sicherheit.

Weiter(führend)e Testverfahren

Über den FMS hinaus existiert der Y-Balance-Test (YBT), ebenso ein gut erforschtes und einfach durchzuführendes Verfahren, um die motorische Kontrolle sowie die funktionelle Symmetrie des Körpers objektiv zu überprüfen und standardisiert zu messen. Aufgabe sind auch hier verschiedene Übungen für den Athleten, um dessen Beweglichkeit und Kraft zu ermitteln. Der Körper wird dabei in einzelne Quadranten eingeteilt und auch nach den Quadranten beurteilt.

Daneben gibt es den Motor Control Screen (MCS), ein Abkömmling des YBT und ein Balancetest, der die Kompetenz einer Extremität auf die Probe stellt. Mit diesem lässt sich bestimmen, ob das Mindestmaß an motorischer Kontrolle mit dem eigenen Körpergewicht vorliegt, um eine maximale Anpassungsfähigkeit zur Optimierung der menschlichen Leistungsfähigkeit zu erreichen. Zudem kann ermittelt werden, wie man seine Bewegungen stabilisiert, ausgleicht und kontrolliert.

Ein Destillat von FMS und YBT ist der Modifizierte FMS (SFMA), welcher Mobilität und funktionelle Kontrolle prüft. Dieser ist zweckmäßig, um die Bewegungsfähigkeit von Menschen zu beurteilen, bei denen ein weniger fordernder Bewegungsscreen angebracht ist.

Mit dem Functional Capacity Screen (FCS) stellt Functional Movement Systems eine Erweiterung des FMS mit einem Screen im Performance Bereich zur Verfügung. Hier liegen die Schwerpunkte beim Übergang zwischen Bewegungskompetenz und Leistungsentwicklung, der Analyse von Schwierigkeiten in Bewegungsmustern und der Analyse von Schwierigkeiten in den vier Grundformen der Bewegungsenergie (Bewegungssteuerung, Haltungskontrolle, Explosivität und Energierückführung).

Also: Beweg Dich gut, beweg dich öfter.
Und: Lass dich screenen, ggf. von mir. Dies dauert nur ca. 15-20 Minuten.

Bleib schmerzfrei, mobil und BEWECT 🙂

BEWECTe Grüße
Dein Benjamin

Quellen:
https://www.functionalmovement.com/
https://www.trainingsworld.com/sportmedizin/bewegungsanalyse/schwaechen-rechtzeitig-erkennen-functional-movement-screen-2489936
Seminar-Unterlagen zum FMS Level 1 und 2 – Functional Movement Screen Zertifizierung von https://www.perform-better.de/